Wohnmobil und Fahrrad: Mira, mira, Girasile
Nach meinem entzückenden Stadtspaziergang durch Treviso und einer ruhigen Wohnmobil-Nacht am Area Sosta Camping Quinto di Treviso (der Flugverkehr hört so gegen 22 Uhr auf) packe ich am nächsten Morgen zeitig wieder meine sieben Sachen. Am Automaten zahle ich meine Übernachtungsgebühr und lenke das Busibärchen in Richtung Silea. In der Via Tappe hat mir das nette Mädel im Tourismusbüro Treviso einen kostenlosen Parkplatz eingezeichnet. Von dort aus werde ich zur wunderschönen Radtour entlang des Sile in Venetien starten.
Beliebtes Ausflugsziel
Nach einigen Irrungen finde ich das richtige Sträßchen (der Girasile ist angeschrieben) und schiebe den handlichen Ducato Adria Twin in eine Parklücke. Man merkt, dass es Sonntag ist. Denn zahlreiche Walker, Jogger, Spaziergänger und auch Radler sind in die gleiche Richtung wie ich unterwegs. Radl raus, Getränkeflasche und Kamera einpacken und los gehts. Vorbei am Wasserkraftwerk von Silea erreiche ich eine Holzbrücke. Hier fordert mich ein Schild freundlich auf, das Fahrrad doch bitte zu schieben. Gleich über mehrere Brücken flaniere ich mit meinem Esel in der Hand durch die Lagunenlandschaft mit ihren Wasservögeln. Beeindruckend und pittoresk ist der Cimitero dei burci, der “Lastkahn-Friedhof”. Dieser besteht aus halbversenkten Booten, die in den 1970er Jahren hier einfach zurückgelassen wurden, als sich die Schifffahrt auf die Straße verlegte.
Radtour immer am Ufer entlang
Nach der Lagune darf ich wieder aufsitzen und entlang des Flusses auf netten kleinen Wegen bis nach Casier radeln. Der Sile macht hier eine Haarnadelkurve. Früher war hier ein wichtiger Hafen für Hunderte von Schiffen angesiedelt. Heute lädt nur die Uferpromenade mit ihren Cafehäusern und der hübschen Kirche im Hintergrund zum Verweilen ein. Über Dämme und Feldwege, auf denen mir nur ab und zu ein Spaziergänger oder ein Hundegassigeher begegnet, erreiche ich Lughignano. Am Kirchlein, das gerade zum Sonntagsgottesdienst läutet, vorbei gehts weiter parallel zum Sile. Auf meiner und auf der anderen Uferseite sehe ich prächtige Villen, die teil etwas verlassen wirken. Ich hebe mir Casale sul Sile für den Rückweg auf und folge dem Weg, der kurzzeitig auf Seitenstraßen verläuft, weiter Richtung Osten.
Und wie geht’s zurück?
Durch Wiesen, Felder und “Steckalas-Wälder” (fränkisch für dünne Laubbäume im Schachbrettmuster) radle ich bis Quarto d’Altino. Über die Brücke kurve ich zum anderen Flussufer in der Hoffnung, dort einen Alternativ-Weg zurück zu finden. Meine Pläne enden bei einem sehr netten Carabinieri. Der erklärt mir – mal wieder – mit Händen und Füßen, dass die Straßen nicht sehr angenehm für Radler sind. Also Kommando zurück, wieder zum Sile und den gleichen Weg in entgegengesetzter Richtung. An einem Flussabschnitt entdecke ich eine Übungsgruppe Gondoliere – wahrscheinlich für Venedig, ist ja nicht weit. Sieht irgendwie witzig aus so mitten in der Pampa. Einige Kilometer später tuckert dann ein Motorboot mit Wochenend-Sonnenanbetern um die Kurve – man winkt sich zu am Sile!
Die gute Tat des Tages
Dieses Mal mache ich schnell noch einen Abstecher nach Casale sul Sile – nichts besonderes an diesem Örtchen, aber im nagelneuen Supermarkt erjage ich einen Frühstück-Mittagessen-Snack. Wieder auf dem Radweg treffe ich auf zwei gestrandete Biker mit einem Platten, das kenn ich doch irgendwo her. Da auch Blondinen lernfähig sind (ich erinnere an das Po Delta Desaster), hab ich NATÜRLICH meinen SOS-Flickschaum dabei, den ich den Jungs gerne mit der Auflage überlasse, die gute Tat bei Bedarf weiterzugeben.
… und deren Fluch
A propos jede gute Tag wird bestraft (das hat mal ein Kunde von mir gesagt, fand ich damals echt deprimierend) – es soll sich einen Tag später rausstellen, dass ich im Hinterrad einen fetten Dorn (ein Bio-Reissnagel sozusagen) hatte, der nur durch Glück so fest saß, dass die Luft nicht austreten konnte. Aber das weiß ich jetzt noch nicht und so beende ich meine Tour glücklich und zufrieden in Silea. Die rund 60 km sind wirklich eine Radtour wert – ein Insidertipp, der mit kleinen Orten, schöner Landschaft und naturbelassenen Flusslandschaften begeistert. Also – nix wie Rad rein ins Wohnmobil und macht die wunderschöne Radtour entlang des Sile in Venetien!