Haute Provence – Abenteuerliche Wanderung am Basses Gorges
Nach dem Bad im Mohnfeld (siehe Teil 1 der Frankreich Tour) kommen wir am 5-Sterne Campingplatz La Farigoulette in St. Laurent du Verdon an. Wir dürfen uns den Stellplatz frei aussuchen. Kein Wunder, im ganzen großzügigen Areal sind nur ein paar einsame Wohnmobile und Zelte verstreut. Die Stellplätze sind mit 120 qm riesig und der Tagespreis mit € 24 immer noch sehr günstig. In der Hochsaison ist hier sicher mehr los. Denn die tolle Lage direkt am Lac du Sainte Croix mit eigenem Bootssteg und Leihbötchen aller Art lockt bestimmt jede Menge Sommerfrischler an. Aber wir haben viel Platz, freie Sicht auf den See und lassen so den Abend gemütlich ausklingen. Gleich am nächsten Morgen erkundigen wir uns an der sehr netten Rezeption nach Wandermöglichkeiten und entscheiden uns spontan für die abenteuerliche Canyonwanderung am Basses Gorges.
Abenteuerlicher Rundweg durch das Hinterland und den Canyon Basses Großes
Zum Startpunkt in Quinson (rund 6 km vom Campingplatz entfernt) düsen wir mit dem Roller. Rucksäcke, Snacks und Getränke im praktischen Topcase. Entgegen der Wanderkarte wollen wir den Weg im Uhrzeigersinn gehen. Also zuerst durch das hügelige Hinterland zum Plateau de Mallasoque. Dann weiter zur Chapelle Sainte Maxime und von dort hinunter zum Verdon Canyon. Der war früher übrigens der erste Kanal der Provence. Wir parken an der Brücke hinter Quinson und nach kurzem Irrweg finden wir den Einstieg ins Hinterland. Normalerweise kommt man hier ja zurück, daher ist die Beschilderung nicht optimal. Aber rund 50m nach dem Start des Canyonpfads, entdecken wir dann die Tourroute.
Der Weg steigt kontinuierlich an und wir werden für den Schweiß mit einem tollen Ausblick über das gesamte Tal belohnt. Zwischen der typischen Provence Vegetation, die zu dieser Jahreszeit noch herrlich grün ist, gelangen wir schließlich zur Abzweige Richtung Chapelle Sainte Maxime. Hier treffen wir das erste Mal auf andere Wanderer. Oben, nach dem Aufstieg zur Kapelle, rastet der eine oder andere im Schatten der Bäume. Wir blicken vom Aussichtspunkt in die Canyonlandschaft, die so unglaublich weitläufig ist , wie ich es mir niemals vorgestellt hätte. Die Kapelle selbst – Sonja nannte sie gar einen Bunker – ist eher höchst rustikal. Auch im Innenraum sehr leer, nicht mal ein Kerzlein können wir anzünden.
Der flotte Fred und seine Wandergruppe
Wir steigen wieder zur Weggabelung ab und folgen der Beschriftung Richtung Mallasoque, was sich als Fehler rausstellen soll. Aber der Weg ist wunderschön grün, mit Blümchen aller Varianten und in den Felsen können wir vom Wind erodierte Höhlen erkennen. Plötzlich stehen wir an einem Bach und sind auf eine französische Wandergruppe aufgelaufen. Nach dem Weg zum Fluß gefragt, zeigt der Wanderführer – naja, Vorläufer wäre wohl treffender – wieder zurück und lädt uns ein, sich der Gruppe anzuschließen. Wir reihen uns folgsam nach ihm ein und los geht der wilde Marsch. Unser Vorläufer macht ordentlich Tempo. Und das Gelächter in der Gruppe hinter uns lässt vermuten, dass das nichts Neues ist.
Ich erkundige mich, wie dieser Sausewind denn heißt und bekomme „Fröd“ zur Antwort. Fred also denke ich mir und schon ist der flotte Fred kreiert. Meinen Zuruf „Fröd, vous etes tres vites“ quittiert das Kerlchen nur mit einem verschmitzten Blick über die Schulter und weg ist er. Ein Mann, der schneller ist als ich. Sonja schlägt mir vor, Fred doch zu fragen, ob er mich heiraten will. Als wir an der nächsten Wegkreuzung endlich wieder zu ihm aufschließen verwerfe ich den Gedanken aber wieder.
Wir sagen Fröd Au revoir und machen uns durch einen verwunschenen Wald mit vermosten Bäumen, Trauerweiden und allerhand Schlingpflanzen auf in Richtung Verdon. Würde jetzt eine Elfe von einem Stein winken oder ein kleiner Hobbit aus einer Höhle kriechen wären wir nicht verwundert.
Türkisfarbenes Wasser und weiße Canyonwände
Wir kriechen durch eine Felsenhöhle und vor uns liegt der türkisfarbene Verdon mit seinen weißen Canyonwänden im strahlenden Sonnenlicht. Auf dem historischen Canyonweg entlang des Flusses erhaschen wir nach jeder Kurve wieder einen neuen Blickwinkel auf dieses wunderschöne Szenario. Holzbrücken, Eisenleitern, schmale Felspfade, Überhänge und kleine Buchten machen dieses Abenteuer wirklich einzigartig. Nach rund 4 Stunden kommen wir wieder an unserem Ausgangspunkt an. Im nahegelegenen Café kehren wir auf viiiiieeeeel zu trinken und einen genussvollen Kaffee ein.
Die ganze Gegend hier ist für Natur- und Wanderliebhaber ein absoluter Traum. Setzt die Verdonschlucht mit St. Laurent, Quinson und der abenteuerlichen Canyonwanderung am Basses Gorges in der Haute Provence unbedingt auf Eure Bucketlist! Den Abend verbringen wir gemütlich bei Sonjas neuer Leibspeise Moules & Frites. Dazu rollern wir mit unserem Roller ins nette, kleine Restaurant La Remise, das nur 10 Minuten zu Fuß (oder 3 Minuten mit dem Roller) vom Campingplatz entfernt ist. Am nächsten Tag werden wir über Aix en Provence ans Meer zurückkehren. Die Cote d’Azur ruft!